Sardinien 2002
Sardinien…Ende April,Anfang Mai 2002. Auf dem Brenner lag Neuschnee…
Ein, besser DER Höhepunkt des Urlaubs sollte, wenigstens für die Kletterer, die Besteigung der Aguglia di Goloritze werden. Walther hatte sie im Vorjahr entdeckt und so eindrucksvoll beschrieben, dass es eigentlich nur noch einen Wunsch gab: da drauf 🙂
Schon Monate vorher hatten wir das Internet durchforstet nach brauchbaren Wegbeschreibungen des “Alten Weges”. Dass dieser der einzige für uns machbare sein würde, war bald klar. Aber wir wurden nicht fündig. Ausser einer Topo- Skizze und Berichte von Leuten, die es dann doch lieber gelassen hatten, gab das Internet nichts her 🙁
Nach einigen Tagen des Einkletterns im für uns ungewohnten Kalkstein in der Umgebung von Cala Gonone und einer nochmaligen vorherigen “Ortsbesichtigung “ wurde es dann ernst.
1.Der Zugang
Die Super- Panorama- Straße 125 von Dorgali/ Cala Gonone Richtung Süden Tortoli/ Cagliari. Im Auto versuchen vorne zu sitzen- sonst Göbelgefahr 😉 Fahrzeit ca. 1,5 Std für ca. 50 km. Am Ortseingang von Baunei (links Restaurante) gleich links hoch Richtung Goloritze. Jetzt aufpassen, immer bergauf, sonst landet man im Hinterhof beim Sarden auf dem Grundstück. Nach einigen hundert m Höhengewinn kommt man auf eine afrikanisch anmutende Hochebene. Hier ca. 10 km durch den Busch auf neuer Asphaltstraße bis hölzerne Wegweiser “Goloritze” den Abzweig von der inzwischen zur Schotterpiste mutierten Straße rechts weisen. Das Auto abstellen und sich an freilaufenden Schweinen erfreuen, die , wenn angefüttert, kaum noch abzuschütteln sind. Jetzt geht’s erstmal 10 min. bergauf durch dichte Macchia, bevor der Weg Richtung Küste abkippt. Auf einmal gibt’s Bäume, Ziegen- eben Natur pur. Immer leicht bergab an in das Gestein gebauten Ziegenställen vorbei sieht man nach weiteren 10 min das erste Mal die Spitze der Aguglia !!!
Ab hier nochmal 1/2 Stunde, dann steht man am Fuß der erstaunlich großen Nadel :-O
2. Der Aufstieg
Eigentlich sieht alles nicht so wild aus. Zwar ganz schön hoch für uns Elbi- Kletterer- aber nicht abschreckend. Die ersten Seillängen sollen nach Topo im 5er Bereich liegen, also max. VIIa nach Elbi- Skala. Das werden wir schon schaffen. Oben soll eine 6b+ Stelle sein- naja- schaunmermal. Also rein in die Gurte, noch eine Banane und was zum Überziehen falls es oben kälter wird in den Rucksack und los geht’s. Der Einstieg ist leicht zu finden.
Zur 1. Nachholstelle
Ui, es geht doch gleich für uns Normalos zur Sache. Im Elbi wäre es schon dicht an VIIa, aber es gibt einige Bohrhaken, das macht die Sache leichter. Dann ist schon der erste Nachholplatz erreicht. Der besteht, wie alle anderen auch, aus Bohrhaken, alten Fiechtelhaken, Reepschnüren und was weiß ich noch.
Zur 3. Nachholstelle
Endlich mal etwas leichter, dann jäher Stop: Über diesen Überhang? Wo sind die Bohrhaken? Fehlanzeige. Also eine 6er Knotenschlinge in einen Riss gelegt und wie in der Heimat darüber hinweg. Danach wartet ja ein gemülich aussehender Kamin. Denkste. Das ist alles irgenwie überhängend. Zum Glück gibt’s wieder Mal einen Bohrhaken. Mit bewährter Kamintechnik also bis auf die Schulter und nachholen. Tolle Aussicht.
Die Banane ist allerdings nur noch Mus
.
Zur 4. Nachholstelle
Jetzt kann’s ja nicht mehr weit zur liegenden Gipfelwand sein. Aber erst mal eine beidseitig runde und senkrechte Verschneidung 15 m hoch. 2..3 Bohrhaken, einer mit Griffschlinge nicht ohne Grund. Hier wäre sonst Schluss gewesen. Danach queren zur Gipfelwand und endlich wieder unter Leuten. Hier kommen die geraden Wege von unten an. So ab VIIIb aufwärts. Endlich ausruhen und die Aussicht in 100 m Höhe geniessen. Wir warten hier bis der Stau an den ganz schweren Wegen etwas nachlässt.
Zur 5. Nachholstelle
Leichte 15 m queren zum Start auf den Gipfelsturm
Zur 6. Nachholstelle
Stehend auf einem abschüssigen Band lacht einen der nächste Abschnitt an. Eine leicht liegend erscheinende Wand, durch die ein V-förmiger Riss geht. 2 Bohrhaken weisen den Anfang. Die sind auch schnell geklinkt- Aus. Jetzt gehts richtig zur Sache- und wie sichern? Der Klemmkeilexperte Walther muss ran. Er kann auch 2 davon plazieren, dann ist Ende. Und Nu? Wie ein Geschenk hören wir in astreinem Schweizerdütsch: „Machts euch wasch aus wenn wir euch ein Seil runterlassen?“ Macht es uns garnicht! So gesichert geht’s kleingriffig zum nächsten Band. Im Elbi wäre das VIIc, aber eben nicht in 100 m Höhe.
Danke Ruth und Stefan Knorr aus Zürich!
Zur 6. Nachholstelle
Die Wand neigt sich weiter und im VIer Gelände geht’s die nächsten 25 m aufwärts. Sicherung nahe Null. Und noch nicht oben ….
Zum Gipfel
Vom Standplatz etwa max. 10 m aufwärts ist es geschafft. Auf der Spitze ist Platz für etwa 4- 6 Personen. Zum ersten Mal schauen wir auf die Uhr und stellen fest, dass wir schon 5 Stunden unterwegs sind. Es gibt unerwartet ein grosses Gipfelbuch, aber niemand hat was zu schreiben dabei , schade 🙁
Abwärts
Eine tadellos eingerichtete Abseilpiste führte uns wieder nach unten.